Zurzeit wird in Limburg wieder
einmal eine Sau durch‘s Dorf getrieben und wieder einmal mit überregionaler
Beachtung. Erneut ist es ein Kreuz, das Aufmerksamkeit erregt, doch keins, das
von einem Ex-Bischof aus seinem Palast geschleppt wird.
Es ist das Kreuz mit der alten Autobahnbrücke.
Ein fast lokaler Unternehmer
möchte sie haben, bebauen und nutzen und der Stadtregent ist auf den fahrenden
Zug gesprungen, wie er es schon immer bei jeder Idee getan hat, die nicht seine
ist, ihn aber in die Schlagzeilen bringt.
Doch dieses Mal hatte er sich
verrechnet. Das bürgermeisterliche Agieren der jüngeren Vergangenheit ist
inzwischen sehr vielen Bürgern nicht mehr nachvollziehbar. Der Drang, alles zur
Chefsache zu erklären und im kleinen Kreis geheim auszukaspern, hat ihm schon einige
herbe Niederlagen beschert, wie zuletzt bei dem Museum für kommunalen
Schwachsinn („ZeitWERK“).
Es hat sich der Verdacht
gefestigt, dass bei allem, was der Bürgermeister anfasst, der Nutzen für eine sehr
kleine Zahl eher Unbekannter in der Regel groß, der für den Bürger
tendenziell klein bzw. gar nicht vorhanden ist. Nur zahlen und ausbaden muss er
es.
In dem Augenblick, in dem der
Chefsachenstatus der Autobahnbrücke ruchbar wurde, war also klar, dass nicht
Horden von Jubelpersern vor das Rathaus ziehen und begeistert Fähnchen
schwenken würden. Es passierte vielmehr etwas, das man in Limburg so eher
selten erlebt. Es formierte sich Widerstand, der sich bestens organisierte,
einen guten Draht zu Medien hatte und es so innerhalb kürzester Zeit schaffte,
in Bezug auf die Bebauung der Autobahnbrücke die Deutungshohheit für die
Öffentlichkeit zu erlangen und etwas zu forumlieren und damit alle Gebetsmühlen
zu bestücken: die einzig mögliche Meinung (EMM).
In einem geschickten Konglomerat
von trotzigem ICH-WILL-DAS-NICHT, wiederholten Halbwahrheiten und
tagesaktueller Pseudoökologie gelang es den beiden Anti-Gruppen, massivst
Stimmung zu machen.
So viel Stimmung, dass es eben
nur noch besagte EMM zu geben scheint.
Das große NEIN!
Befördert wurde ebendiese EMM,
wie oben angesprochen, durch die Müdigkeit der Limburger bezüglich der nun zum
Erbrechen bekannten Klüngelpolitik und den unterschwellig vorhandenen ersten
Bürgerpflichten: Missgunst, Neid und Fremdenfeindlichkeit. Wer in Limburg an
diese appelliert, hat schon gewonnen. Es gibt kaum eine Kommune, die einem
potentiellen Investor grundsätzlich so feindlich gegenübersteht, wie Limburg
und diejenigen, die von diesem Sperrfeuer verprellt wurden, sind Legion.
Grundsätzlich wird jedem, der in Limburg Geld für etwas in die Hand nimmt, sein
Wohlstand geneidet und es werden ihm automatisch unlautere Absichten
unterstellt. Wenn er dann auch noch ein Auswärtiger ist, hat er erstrecht keine
Chance.
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Brücke steht. Noch. |
Besonders krass wird es aber,
wenn es sich um jemanden handelt, der fast, aber eben nur fast Limburger ist.
Alles jenseits der Kernstadt ist aber feindliches Gebiet, Stadteilbewohner nur
Beutelimburger der Gebietsreform und wer immer von dort investieren möchte, ist
ein neureicher Dörfler.
Die Geduld und Langmut, mit der
der potentielle Investor der Brückenbebauung das über sich ergehen lässt und
trotz aller Irrationalität Gespräch und Konsens sucht, ist bewundernswert.
Wohlgemerkt, die Haltung ist
meines Erachtens zu begrüßen, genauso wie die Idee hochgradiger Nachhaltigkeit,
ein vorhandenes Bauwerk, das seinem ursprünglichen Zweck nicht mehr dienen
kann, einem anderen zuzuführen.
Das Prinzip halte ich für
richtig.
Die Planung nicht.
Die gesamte Debatte wird leider
digital geführt. 1 oder 0. Ja oder nein. Für eine differenzierte Abwägung ist
keinerlei Platz, dabei wäre die gerade dringend notwendig. Meines Erachtens ist
nicht die Idee, die Brücke zu nutzen das große Problem, sondern der Entwurf.
Genau so etwas bekommt man, wenn man seinem Architekten freie Hand lässt. Was
da geplant ist, ist einfach nur von einer grotesken Hässlichkeit. Es ist mir
schleierhaft, wie es Architekten immer wieder hinbekommen, vollkommen
geschmacksfreie Entwürfe zu produzieren und sich dann auf Gefasel von Linien
und Schlichtheit zurückzuziehen, wenn man kritisch hinterfragt. Diese kubischen
Karzinome an den Brückenpfeilern sehen aus, als ob die Hertiekaufhäuser der
70er Jahre ihre unehelichen Enkel über dem Lahntal abgeworfen hätten.
So etwas zu präsentieren MUSS
doch einfach abschrecken. Warum hat man sich nicht die Mühe gemacht, auch
andere Architekten um Vorschläge zu bitten? Warum werden nicht einfach die
Böschungswinkel ausgebaut, so dass der Fluss selbst frei bleibt, mit luftig, großzügig
verglastenund geschwungenen Bauten darüber und einem Park zwischen den
Gebäuden?
Es wäre möglich, etwas wirklich Modernes
und Ästhetisches zu schaffen. Wenn man die richtigen Leute daran lässt.
Was aber jetzt präsentiert wurde,
ist fantasiefrei und sieht aus, als ob ein 5-jähriger ein Brückenmodell seines
Vaters mit Bausteinen aus seiner Duplo-Kiste verunstaltet hätte.
Ich denke nicht, dass dieser
Entwurf konsensfähig und durchsetzbar ist. Doch leider wird mit diesem auch die
Grundidee zu Grabe getragen, weil der abstoßende Anblick (da hilft auch kein
Bürgerwettbewerb „Wir malen unseren Bunker an“…) jede grundsätzliche
Auseinandersetzung mit dem Thema
unmöglich macht.
Schade. Limburg hätte in vieler
Hinsicht profitieren können. Doch nun scheitert eine Vision an Talentfreiheit und
untermaßigem Gestaltungsgeschick.