Mittwoch, 9. Oktober 2013

Bischofskrieg in Limburg: Die Hofschranzen greifen zu den Waffen


Limburg hat es geschafft. Die Stadt zwischen Westerwald und Taunus ist auf die Titelseiten aller Tageszeitungen der Bundesrepublik zurückgekehrt – erstmalig seit dem brutalen Angriff einer Polizistin in privater Mission auf zwei Fußballerinnen des VfR 07 Limburg während eines Pokalspiels.
Man spricht und schreibt über Limburg, dessen Altstadt gestern regelrecht von wichtigen Menschen mit Mikrofonen und vor und hinter Kameras belagert wurde. Die Straßenverkehrsordnung gilt übrigens auch für Fahrzeuge von Fernsehsendern und Rundfunkanstalten. Das sei an dieser Stelle einmal ins Gedächtnis gerufen.
Es fanden sich gestern immer wieder Spezialisten mit unglaublichem Fach- und Detailwissen, die in jedes Tonaufnahmegerät sprachen, das die Reporter nicht schnell genug wegzogen.
Experten in Sachen Bischof von Limburg poppten allerorten aus dem Boden wie die Pilze in den Herbstwäldern, selbst dort, wo man sie weder vermutet noch gesucht hätte.
Der Tenor der heutigen Berichterstattung, die durchgängig wieder einmal auf Erst- und Agenturmeldungen der FAZ beruht, ist einmütig: Die Luft für TvE ist nicht mehr dünn, sie ist praktisch nicht mehr vorhanden und auch Schnappatmung dürfte kaum sein Überleben im Amt ermöglichen.
Es findet sich zurzeit eine bisher nicht dagewesene Einheitsmeinung von hoher moralischer Qualität: All das darf man nicht, nicht einmal oder schon gar nicht als Träger eines solchen Amtes.
Somit ist also die Jagd freigegeben und nahezu jeder fühlt sich berufen, an der fröhlichen Hatz teilzunehmen.
Einzeltäterunterschlupf?
Vermutlich bleibt es am Ende der Staatsanwaltschaft Hamburg vorbehalten, nach dem fast ein Jahr währenden Gegacker endlich auch einmal ein Ei zu legen und dem waidwunden Rehlein mittels eines Verfahrens oder eines Strafbefehls den Fangschuss zu geben.
Das Volk schreit nach Blut und irgendwer wird es ihm gegeben. Irgendwann, in naher Zukunft.
Doch bevor dieser neue, schlagzeilenträchtige Umstand eintritt, wäre es vielleicht an der Zeit, gerade jetzt einmal einen Schritt zurückzutreten und sich zu besinnen, was zur Zeit abläuft.
Mit den Grundgedanken des Christentums, wie sie der Zimmermann vor mehr als 2000 Jahren in bemerkenswerten Redebeiträgen einer begrenzten Zuhörerschaft nahezubringen versuchte, hat es jedenfalls nicht einmal am Rande zu tun. Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein", sagte er bei einer Gelegenheit, als der Mob sich ein Opfer ausgesucht hatte. In und um Limburg findet man dieser Tage jede Menge Steine - und diese allzu häufig in Händen, die nicht von Arbeit schmutzig sind. 
Bemerkenswerterweise stimmen nun sehr spät verschiedene Menschen in das Geheul der Wölfe ein, die Bambi durch das Dickicht seiner eigenen Realitätswahrnehmung hetzen, die eine gefühlte Ewigkeit lang abwiegelten, verteidigten, Kritiker attackierten und diskriminierten oder einfach nur wegschauten oder schwiegen, als ihr Auftrag doch ein ganz anderer gewesen wäre.
Da liest man nun Leitartikel mit Rücktrittsforderungen von Chefschweigern, die dafür sorgten, dass TvE lokal kein Thema war, während man im Mutterhaus der Zeitung bereits auf Distanz gegangen war. Aber die eigenen Eitelkeiten und Verbindungen, das sich sonnen Wollen und Dürfen im Schatten der lokalen Macht waren bedeutender als eine journalistische Berufung.
Der übliche Verdächtige und kommunalpolitische Lautsprecher, der vor Kurzem noch brüsk verkündete, es sei ihm völlig Latte, ob der Prunkbau nun den Domberg verschandele oder ob er überhaupt so genehmigt sei, weil er ja nun fertig wäre, schwingt sich in einer 180° Wende zum Chefkritiker und selbstredend Kirchenverwaltungsfachmann auf und stellt sich gegen den Mann, dem er seit Amtseinführung unterwürfigst gar zu gerne jeden Wunsch auf Kosten der Stadt erfüllt hätte und hat.
Ein Gremium von Spesenrittern, das sich mit Begeisterung von Posten und Titeln schmücken ließ, gab zwei Jahre lang kollektiv den Abnickverein, ohne auch nur ein einziges Mal eine Frage zu stellen oder gar auf eine Antwort zu beharren.
Und was wollen diese nun mit dem Dolche?
Die Titanic Bistum Limburg ist auf den Eisberg gelaufen – und es ist die Erste Klasse, die in die wenigen Rettungsboote drängt. Die Mittäter kraft Unterlassung sind es ausgerechnet, die nun am lautesten brüllen und es in einem Fall innerhalb eines einzigen Satzes schaffen, das gesamte Angebot an juristischen und medizinischen Deutungen des bischöflichen Handelns und/oder psychischen Zustandes zur freien Auswahl zu präsentieren.
Aber sie selbst, sie sind ohne jede Schuld. 
Und so fliegen sie nun, die Steine.
Der Einsame vom Dompalast ist ganz sicher kein angenehmer Mensch. Seine Prunk, seine Arroganz, seine Herrschsucht und weltfremde Hybris offenbaren massive Charakterschwächen, die die meisten Menschen nicht in ihrem Freundeskreis finden wollen.
Doch was immer hoch oben über Limburg geschehen ist, eines ist sicher: EIN einzelner Mann wäre ohne aktive und passive Unterstützung von Vielen an den Schaltstellen niemals in der Lage gewesen, all das aus- und anzurichten.
Dass es nun genau diese potentiellen Mittäter und Mitwisser sind, die sich um die Plätze in der ersten Reihe der Verfolger drängen, ist psychologisch sicher nachvollziehbar und zutiefst menschlich. Im negativsten Sinne.
Christlich jedoch ist es nicht.
Ganz bestimmt nicht.

2 Kommentare:

  1. Danke. Mir aus dem Herzen gesprochen.

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  2. Ich musste diesen Blog gerade mal auf Twitter empfehlen. Danke für die wahren Worte!

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