Donnerstag, 27. Juni 2013

Stadt Limburg sagt: Eintritt für das Altstadtfest ist illegal!



Es ist kein Geheimnis, dass am kommenden Wochenende das berühmt-berüchtigte Altstadtfest in Limburg stattfindet. Dabei erklärt der Veranstalter den gesamten Bereich der historischen Altstadt kurzerhand zur Partymeile (in der Realität tendenziell Partylabyrinth) und kassiert jeden für das bloße Betreten ab.
Auf der Homepage des Limburger Altstadtkreises e. V. liest man:

Der Eintrittspreis beträgt € 2,50

Doch für die Anwohner hält der Veranstalter zuvorkommenderweise ein ganz besonderes Bonbon als Vergünstigung bereit. Als Aufmacher kann man auf der Startseite lesen (Interpunktion original):

Die „Anwohnerbändchen“ für das 38. Altstadtfest vom 28. – 30. Juni 2013 können ab dem 24. Juni 2013 in der Zeit von 10:00 – 18:00 Uhr MEZ im Teppich-Geschäft bei
  • TeppichBaschek
  • Grabenstraße 46
  • 65549Limburg a.d. Lahn
abgeholt werden.
Die abgegebenen „Bändchen“ müssen registriert werden. Jedes Haushaltsmitglied bekommt„einBändchen“. Der Nachweis,der Anzahl der Bewohner muss geführt  werden!!!

Übersetzt heißt das, dass ich mich höchstselbst zu besagtem Geschäft begeben muss. Dort muss ich mich ausweisen sowie Meldebescheinigungen meiner Familie vorlegen, um schrillfarbene Einmal-Plastikarmbänder zu erhalten, die ich und meine Angehörigen über drei Tage sichtbar zu tragen haben. Falls ich das unerhörte Verlangen habe, mein EIGENES Haus in der Zeit zu erreichen und zu betreten. Besucher, die in diesem Zeitraum zu mir wollen, sind gezwungen, einen "Eintritt" zu entrichten, selbst wenn sie gar nicht auf das Altstadtfest wollen.
Ein Verein, der zum Zweck der Kommerzförderung einen ganzen Stadtteil zum Sperrbezirk erklärt, nimmt also Polizeirechte für sich in Anspruch, die ihn berechtigen sollen, Anwohner vorzuladen, sich zu legitimieren und ihre Identität kontrollieren zu lassen und darüber hinaus zu verpflichten, sich im Anschluss selbst zu markieren.
Da sich ein solches Ansinnen nach meiner unmaßgeblichen Meinung mit geltendem Recht, insbesondere mit den Grundrechten auf Freizügigkeit und Eigentum nicht vereinbaren lässt und es darüber hinaus einen massiven Angriff auf diese Rechte gegen meine Familie gab (meine Tochter wurde von jugendlichen Warnwestenträgern mit Gewalt daran gehindert, zu unserem Haus zu fahren und darüber hinaus gezwungen, "Eintritt" zu zahlen, obwohl sie sich mit ihrem Personalausweis als ANWOHNERIN ausweisen wollte), schrieb ich vor einigen Jahren einen Brief an den Bürgermeister der Stadt Limburg. 
Es dauerte fast ein Vierteljahr und bedurfte zweier Nachfragen, bis ich endlich (und auch noch 14 Tage nach dem im Schreiben angegebenen Datum) die folgende Antwort erhielt.


Diese Stellungnahme ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert, wenngleich leider typisch für Schriftverkehr mit Limburger Behörden. Zum überwiegenden Teil befasst sie sich nämlich NICHT mit den verlangten Auskünften bezüglich der Rechtsgrundlagen des Handelns von Stadt und Veranstalter, sondern betrifft Belange und Interessen Dritter. 
Die von mir gestellten Fragen waren nicht nach Ziel, Tradition und Organisation des Altstadtfestes. Sondern sehr eindeutig nach der Legitimität der Eingriffe in meine Rechte.
Dazu bezieht die Stadt Limburg dann trotzdem gut versteckt und verklausuliert aber gleichwohl eindeutig Stellung.
Und diese Aussagen sind in dem obenstehenden Schreiben zu finden:
  1. Der Veranstalter ist nicht berechtigt, ein EINTRITTSGELD für das Betreten der Altstadt zu verlangen
  2. Der Veranstalter und seine Hilfsbeauftragten sind nicht berechtigt, irgendjemanden, wie auch immer, am Betreten der Altstadt zu hindern
  3. Der Veranstalter ist nicht berechtigt, Straßen zu sperren und in irgendeiner Weise in den fließenden Verkehr einzugreifen
  4. Der Veranstalter ist nicht berechtigt, Fahrzeuge anzuzuhalten
  5. Der Veranstalter ist nicht berechtigt, Anwohner in ein Teppichgeschäft vorzuladen
  6. Der Veranstalter ist nicht berechtigt, irgendeine Identitätsprüfung vorzunehmen
  7. Der Veranstalter ist nicht berechtigt, irgendjemanden, ob Besucher oder Anwohner, dazu zu zwingen, ein Markierungsband am Arm zu tragen
In dem nun mehrere Jahre alten Schreiben (das übrigens zu einer Zeit verfasst wurde, als der „Eintritt“ noch 1,-- € betrug…) verpflichtet sich die Stadt, den Veranstalter nachdrücklich auf die Rechtslage hinzuweisen und darauf hinzuwirken, dass dieser sich während des Altstadtfestes im Rahmen der Gesetze bewegt.

Dies ist jedoch ganz offensichtlich nie geschehen.

Wie bereits in dem Schreiben angedeutet, sieht sich die Stadt Limburg mehr als Sachwalter eines kommerziellen Veranstalters, dem sie willfährig und mit Unterstützung des Ordnungsamtes den ganzen Stadtteil als Machtbereich übertragen hat, denn als Schützer von Bürgerrechten.
Dies ist an der mehr als verqueren „Argumentation“ leicht abzulesen.
Ein „freiwilliger Unkostenbeitrag“ ist eine Summe, die jemand ohne Zwang und insbesondere in Kenntnis der Freiwilligkeit entrichtet. 
Ein „Eintritt“ ist die Summe, die jemand zu zahlen genötigt ist, will er einen bestimmten, abgesperrten Bereich betreten, bei dem ein anderer über das Hausrecht verfügt.
Zahlt jemand einen freiwilligen Beitrag, ist es nicht erforderlich, dass sich dieser als Beitragszahler markiert! 
Ist niemand gezwungen zu zahlen und sich schlachtviehartig mit Farbband zu versehen, gibt es auch ABSOLUT KEINE „organisatorischen Gründe“ weshalb Anwohner sich kennzeichnen müssten, um sich "frei bewegen zu können"! Das impliziert, dass sie das OHNE Armband nicht könnten, also irgendjemand sie daran hindern dürfte.
Dass genau dies nicht der Fall ist, konstatiert die Stadt Limburg jedoch im selben Schreiben eindeutig, ohne dass der Verfasser auch nur einen Gedanken an die eklatante Widersprüchlichkeit seiner Epistel verschwendet hätte.
Das gesamte Schreiben atmet den unseligen Limburger Geist des „wir machen mal, ob es legal ist oder nicht, es wird schon keiner merken“, wie man ihn leider von Seiten der Verwaltung nur zu gut kennt.
Unter der Hand und unter dem Tisch wird dem Veranstalter offensichtlich mal wieder ein Freifahrtschein zur gefälligen Selbstbedienung erteilt
Wie sonst soll man diese von jedem Respekt vor dem Gesetz unbeleckte Haltung verstehen, die sich in den Ankündigungen bezüglich EINTRITT sowie ANWOHNERBÄNDCHEN auch in diesem Jahr dokumentiert? 
An keiner Stelle fällt der Begriff "freiwilliger Unkostenbeitrag". Wenn der Limburger Altstadtkreis von den Menschen, die sowieso teils Riesensummen während dieser tollen Tage in Alkohol und Angebratenes kanalisieren, einen Beitrag für die Musik kassieren will, steht es ihm doch frei, seine bewesteten Schirmmützenträger mit derselben rund um die Bühnen sammeln zu schicken. Dann kann jeder FREIWILLIG etwas geben, der sich von der Beschallung mehr unterhalten als von deren (wie man hört) beständig nachlassender Qualität belästigt fühlt.

Es sei an dieser Stelle aber noch einmal ganz klar ausgesprochen und betont:

Das Erheben eines Eintrittsgeldes für das Altstadtfest ist ILLEGAL.

Niemand muss für das Betreten der Altstadt irgendetwas bezahlen.
Jeder, der einen anderen zu irgendeinem Zeitpunkt am Betreten der Altstadt hindern will und kein Amtsträger ist, der mit einer Rechtsgrundlage für diesen Eingriff handelt, begeht damit eine Straftat.

7 Kommentare:

  1. ... bitte Synapsen neu sortieren... _Das_ steht da naemlich nicht, was du da reininterpretierst!
    Die Antwort bezieht sich auf die Anwohner! Die _gesamte_ Altstadt wird nicht abgesperrt. Es wird auch nicht in den laufenden Verkehr eingegriffen.
    Natuerlich kann jeder freiwillig etwas geben - oder einfach wegbleiben!
    Wenn ich immer lese, dass jemandem fuer ein Stadtfest mit 8 Bands an 3 Tagen 2,50€ zu viel sind, wird seltsam. Dass das in Limburg was komplett anderes ist wie in Dickerich oder Runkel, Camberg, Weilburg oder sonstwo, wo die Stadt abgesperrt und Eintritt verlangt wird fuer weit weniger Gegenleistung, bedarf schon arg viel Fantasie...
    BTW: Das Altstadtfest als Solches wird organisiert ausschliesslich von Ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern und finanziert durch seine Erlöse ausschliesslich andere Veranstaltungen des Vereins, wie beispielsweise das Weihnachtsprogramm (Krippe, Konzerte etc.), Fasteleer, Kindertage, Schaufensternacht, Kellerführungen etc. Da beisse ich als noch unmittelbarerer Anwohner als du eben in den sauren Apfel!

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  2. Auch das mehrfache Wiederholen einer falschen Aussage macht diese nicht richtiger.

    Im Schreiben der Stadt Limburg steht wörtlich:

    "Eine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Eintrittsgeldern aus Anlass des Altstadtfestes gibt es nicht."

    Auf der HP des Altstadtkreises steht, dass der EINTRITT zum Altstadtfest 2,50€ kostet.

    Die Stadt konstatiert, dass es für das Verlangen eines solchen Eintritts keine Rechtsgrundlage gibt. Ergo ist dieses Ansinnen rechtswidrig. Ein Synonym für rechtswidrig ist "illegal".

    Menschen, die bestimmte Bereiche der Altstadt betreten wollen, vor die Alternative zu stellen zu zahlen - oder eben wegzubleiben, offenbart ein Verständis des Begriffes "freiwillig", das von keiner bekannten lexikalischen oder juristischen Bedeutung des Wortes gedeckt wird.

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    1. Bemerkenswert ist, dass das Schreiben des gottmächtigen Ordnungsamtsleiters immerhin schon aus dem Jahre 2009 datiert ist. Geändert hat sich an der Wegelagerei und dem Erheben eines Eintrittsgeldes allerdings nichts. Vielmehr wurde dieses Eintrittsgeld stetigen Erhöhungen unterworfen.
      Es stellt sich langsam die Frage, ob vielleicht in Zukunft alle Kirchweihfeste (im Volksmund "Kirmes" genannt) ebenfalls mit einem solchen "freiwilligen" Eintrittsgeld belegt werden... Dann nähern wir uns schrittweise dem Mittelalter, ziehen wieder Mauern um unsere Dörfer und wer uns besuchen will, der muss halt zahlen ...

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  3. Danke für diesen großartigen Beitrag. Ich werde den Inhalt entsprechend kommunizieren wenn ich beim Betreten der Altstadt aufgefordert werde, sofort 2,50 € zu zahlen.

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  4. Ok, mal im ernst, auf was genau willst du hier eigentlich raus? Dass es zu viel verlangt ist, fuer ein Life-Musik-Festival Geld zu verlangen? Sind 2,50€ dafuer etwa zu viel? Hast du überhaupt ne Ahnung, was Versicherung, Feuerwehr, Rotkreuz, Infrastruktur, Bands, Klohaeuschen, Nachtwache etc. (erst recht seit Duisburg) alles kosten? Glaubst du mit Standgebuehren ist das alles auch nur annaehernd gedeckt?
    Oder ist es einfach nur die Tatsache, dass der Zugang kontrolliert wird? Wie sollte denn sonst der Unkostenbeitrag von Besuchern erhoben werden koennen?
    Oder ist es die Kontrolle von Anwohnern beim überschreiten der Kontrollpunkte? Es wird nunmal jeder Kontrolliert und nachdem mit Anwohnerbändchen in den letzten Jahren so viel Schindluder getrieben wurde, muessen die jetzt eben direkt angelegt werden. Da man sowieso verpflichtet ist, einen Perso mitzufuehren, ist es auch kein Problem sich als Anwohner zu identifizieren.
    Aber es wird ja offenbar lieber Ärger provoziert - oder was denkst du um was gestern abend vor allem die Diskussionen an den Wachposten gingen? Darum, dass angeblich der Eintritt illegal sei und einige Leute auf Facebook verwiesen, wo das so stehe, sich dann gewaltsam Eintritt verschaffen wollten. Dankeschön.

    Aber hey, wenn du eine bessere Idee hast, wie das alles umzusetzen ist, dann kannst du dich gerne in die Organisation des Festes einbringen, der Verein steht prinzipiell für jeden offen und Hilfe ist immer gern gesehen.
    Wie wär`s denn mal damit?

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    1. Dann will ich die vielen Fragen mal in der Reihenfolge des Auftretens beantworten.

      1. Dass sich jeder an Recht und Gesetz hält und nicht glaubt, er könne sich seine eigenen Regeln machen UND diese mit Gewalt durchsetzen.
      2. Jeder darf für ein Live-Musikfestival Eintritt verlangen, so er dieses auf seinem eigenen oder gemieteten Gelände veranstaltet und dort das Hausrecht ausübt.
      3. Über Eintrittspreise für derlei Festivals mache ich mir keine Gedanken. Aber um ein solches handelt es sich hier gar nicht.
      4. - 11. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ich habe selbst genug Veranstaltungen organisiert. Allerdings wurden diese mit dem Ziel der Kostendeckung auf die Beine gestellt, nicht gewinnorientiert.
      12. Ja.
      13. Wie es für "freiwillige Leistungen" oder "Spenden" üblich ist. Für den Geber fakultativ.
      14. Aber ganz sicher.
      15. Kein Mensch ist in Deutschland gezwungen, ein Ausweisdokument mit sich zu führen. Das ist ein weit verbreiteter Irrtum.
      Es muss lediglich jeder einen gültigen BPA oder Reisepass BESITZEN.
      16. Nicht derjenige, der sein verbrieftes Recht in Anspruch nimmt, provoziert Ärger, sondern derjenige, der ihn an dieser Ausübung mit Gewalt hindert.
      17. Danke wofür? Ich habe keinen Facebook-Account.
      18. Ich habe sehr viele Idee. Aber warum sollte ich mich an der Organisation eines Festes durch einen Verein beteiligen, dessen Mitglieder bei mir eine Hirndysfunktion konstatieren?
      19. Im Übrigen habe ich mich schon häufig in Sachen Altstadt eingebracht und dabei durchaus das eine oder andere für deren Bürger bewirkt. Trotz deren resignativer Grundhaltung ("da kann mal halt nix machen...").

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  5. Interessante Unterstellungen wie ich finde (vor allem 18).

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