Freitag, 28. Juni 2013

Schwarze Sheriffs in Warnwesten: Altstadt hermetisch abgeriegelt



Wer gehofft hatte, die Veröffentlichung der Stellungnahme der Stadt Limburg bezüglich der Illegalität von Eintrittsgeld für das Limburger Altstadtfest, die in den letzten 24 Stunden im Internet weite Kreise gezogen hat, hätte bei den Veranstaltern und ihren Beauftragten irgendeine Wirkung hinterlassen, der sieht sich enttäuscht. Sogar mehr als das.
Das exakte Gegenteil ist der Fall. 
Die Erkenntnisrestistenz von Verantwortlichen sowie der absolut fehlende Wille der dazu gesetzlich Verpflichteten, für Recht und Ordnung zu sorgen, sind geradezu deprimierend.
Die Limburger Altstadt ist zur rechtsfreien Zone geworden.
Als ob der Besuch des amerikanischen Präsidenten anstünde, sperren finster gekleidete Trupps jedes auch noch so kleine Schlupfloch in die Altstadt ab, kassieren und legen Hand an. Besucher werden vom Ordnungsdienst höchstpersönlich farbig markiert.
"Du komms hier nich rein" - Gewalt gegen Besucher
„Das kostet 2,50 Euro Eintritt“, muss zur Zeit JEDER hören, der den Versuch unternimmt, sich der Limburger Altstadt an irgendeiner Stelle auch nur zu nähern. Personell vielfach besetzte Posten eines „Sicherheits“unternehmens halten Menschen- und Fahrzeugverkehr auf und wer nicht zahlt, wird mit allen Mitteln daran gehindert zu passieren.
Von einem „freiwilligen Unkostenbeitrag ist nirgends die Rede.
Jeder konkrete Hinweis auf die Illegalität des Ansinnens sowie die von der Stadt Limburg selbst konstatierte Rechtslage wird mit der dumpfen Sturheit von Befehlsempfängern abgeblockt. „Ich bin nicht hier zum Diskutieren. Ich bin hier zum Abkassieren“, wurde ein renitenter Besucher angeblafft.
Doch Arroganz ist offenbar einigen, die sich für diesen Abend mit einer Macht und Gewalt über andere ausgestattet wähnen, noch nicht genug. „Warum haust du ihm nicht auf’s Maul?“, forderte ein "Kollege" den Wortführer der Leuchtkittelträger bei einem Vorfall am Huttig, den ich gerade selbst erleben musste, zur Körperverletzung auf.
Der mehrfache, eindringliche Hinweis darauf, dass die beiden so bedrohten jungen Männer keineswegs zum Altstadtfest sondern zu einer Verabredung in einer Kneipe sowie zu einem Besuch beim Haus von Bekannten wollten, wurde mit einem „ist mir egal“ abgebügelt. 
Als die beiden erklärten, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, keinen „freiwilligen“ Beitrag für ein Fest zu entrichten, das sie gar nicht besuchen wollten, wurden sie von zwei dem Kindesalter kaum entwachsenen Straßensperrern MIT GEWALT daran gehindert und darüber hinaus genauso persönlich beleidigt wie ich selbst als Beobachter des Vorfalls.
Eine ausführlichere Würdigung des ersten Tages dieser Veranstaltung, die der Stadt Limburg weit über die Grenzen hinaus ein so großes Ansehen verschafft und auf die jeder Altstadtbewohner doch stolz sein müsste, folgt…

Donnerstag, 27. Juni 2013

Stadt Limburg sagt: Eintritt für das Altstadtfest ist illegal!



Es ist kein Geheimnis, dass am kommenden Wochenende das berühmt-berüchtigte Altstadtfest in Limburg stattfindet. Dabei erklärt der Veranstalter den gesamten Bereich der historischen Altstadt kurzerhand zur Partymeile (in der Realität tendenziell Partylabyrinth) und kassiert jeden für das bloße Betreten ab.
Auf der Homepage des Limburger Altstadtkreises e. V. liest man:

Der Eintrittspreis beträgt € 2,50

Doch für die Anwohner hält der Veranstalter zuvorkommenderweise ein ganz besonderes Bonbon als Vergünstigung bereit. Als Aufmacher kann man auf der Startseite lesen (Interpunktion original):

Die „Anwohnerbändchen“ für das 38. Altstadtfest vom 28. – 30. Juni 2013 können ab dem 24. Juni 2013 in der Zeit von 10:00 – 18:00 Uhr MEZ im Teppich-Geschäft bei
  • TeppichBaschek
  • Grabenstraße 46
  • 65549Limburg a.d. Lahn
abgeholt werden.
Die abgegebenen „Bändchen“ müssen registriert werden. Jedes Haushaltsmitglied bekommt„einBändchen“. Der Nachweis,der Anzahl der Bewohner muss geführt  werden!!!

Übersetzt heißt das, dass ich mich höchstselbst zu besagtem Geschäft begeben muss. Dort muss ich mich ausweisen sowie Meldebescheinigungen meiner Familie vorlegen, um schrillfarbene Einmal-Plastikarmbänder zu erhalten, die ich und meine Angehörigen über drei Tage sichtbar zu tragen haben. Falls ich das unerhörte Verlangen habe, mein EIGENES Haus in der Zeit zu erreichen und zu betreten. Besucher, die in diesem Zeitraum zu mir wollen, sind gezwungen, einen "Eintritt" zu entrichten, selbst wenn sie gar nicht auf das Altstadtfest wollen.
Ein Verein, der zum Zweck der Kommerzförderung einen ganzen Stadtteil zum Sperrbezirk erklärt, nimmt also Polizeirechte für sich in Anspruch, die ihn berechtigen sollen, Anwohner vorzuladen, sich zu legitimieren und ihre Identität kontrollieren zu lassen und darüber hinaus zu verpflichten, sich im Anschluss selbst zu markieren.
Da sich ein solches Ansinnen nach meiner unmaßgeblichen Meinung mit geltendem Recht, insbesondere mit den Grundrechten auf Freizügigkeit und Eigentum nicht vereinbaren lässt und es darüber hinaus einen massiven Angriff auf diese Rechte gegen meine Familie gab (meine Tochter wurde von jugendlichen Warnwestenträgern mit Gewalt daran gehindert, zu unserem Haus zu fahren und darüber hinaus gezwungen, "Eintritt" zu zahlen, obwohl sie sich mit ihrem Personalausweis als ANWOHNERIN ausweisen wollte), schrieb ich vor einigen Jahren einen Brief an den Bürgermeister der Stadt Limburg. 
Es dauerte fast ein Vierteljahr und bedurfte zweier Nachfragen, bis ich endlich (und auch noch 14 Tage nach dem im Schreiben angegebenen Datum) die folgende Antwort erhielt.


Diese Stellungnahme ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert, wenngleich leider typisch für Schriftverkehr mit Limburger Behörden. Zum überwiegenden Teil befasst sie sich nämlich NICHT mit den verlangten Auskünften bezüglich der Rechtsgrundlagen des Handelns von Stadt und Veranstalter, sondern betrifft Belange und Interessen Dritter. 
Die von mir gestellten Fragen waren nicht nach Ziel, Tradition und Organisation des Altstadtfestes. Sondern sehr eindeutig nach der Legitimität der Eingriffe in meine Rechte.
Dazu bezieht die Stadt Limburg dann trotzdem gut versteckt und verklausuliert aber gleichwohl eindeutig Stellung.
Und diese Aussagen sind in dem obenstehenden Schreiben zu finden:
  1. Der Veranstalter ist nicht berechtigt, ein EINTRITTSGELD für das Betreten der Altstadt zu verlangen
  2. Der Veranstalter und seine Hilfsbeauftragten sind nicht berechtigt, irgendjemanden, wie auch immer, am Betreten der Altstadt zu hindern
  3. Der Veranstalter ist nicht berechtigt, Straßen zu sperren und in irgendeiner Weise in den fließenden Verkehr einzugreifen
  4. Der Veranstalter ist nicht berechtigt, Fahrzeuge anzuzuhalten
  5. Der Veranstalter ist nicht berechtigt, Anwohner in ein Teppichgeschäft vorzuladen
  6. Der Veranstalter ist nicht berechtigt, irgendeine Identitätsprüfung vorzunehmen
  7. Der Veranstalter ist nicht berechtigt, irgendjemanden, ob Besucher oder Anwohner, dazu zu zwingen, ein Markierungsband am Arm zu tragen
In dem nun mehrere Jahre alten Schreiben (das übrigens zu einer Zeit verfasst wurde, als der „Eintritt“ noch 1,-- € betrug…) verpflichtet sich die Stadt, den Veranstalter nachdrücklich auf die Rechtslage hinzuweisen und darauf hinzuwirken, dass dieser sich während des Altstadtfestes im Rahmen der Gesetze bewegt.

Dies ist jedoch ganz offensichtlich nie geschehen.

Wie bereits in dem Schreiben angedeutet, sieht sich die Stadt Limburg mehr als Sachwalter eines kommerziellen Veranstalters, dem sie willfährig und mit Unterstützung des Ordnungsamtes den ganzen Stadtteil als Machtbereich übertragen hat, denn als Schützer von Bürgerrechten.
Dies ist an der mehr als verqueren „Argumentation“ leicht abzulesen.
Ein „freiwilliger Unkostenbeitrag“ ist eine Summe, die jemand ohne Zwang und insbesondere in Kenntnis der Freiwilligkeit entrichtet. 
Ein „Eintritt“ ist die Summe, die jemand zu zahlen genötigt ist, will er einen bestimmten, abgesperrten Bereich betreten, bei dem ein anderer über das Hausrecht verfügt.
Zahlt jemand einen freiwilligen Beitrag, ist es nicht erforderlich, dass sich dieser als Beitragszahler markiert! 
Ist niemand gezwungen zu zahlen und sich schlachtviehartig mit Farbband zu versehen, gibt es auch ABSOLUT KEINE „organisatorischen Gründe“ weshalb Anwohner sich kennzeichnen müssten, um sich "frei bewegen zu können"! Das impliziert, dass sie das OHNE Armband nicht könnten, also irgendjemand sie daran hindern dürfte.
Dass genau dies nicht der Fall ist, konstatiert die Stadt Limburg jedoch im selben Schreiben eindeutig, ohne dass der Verfasser auch nur einen Gedanken an die eklatante Widersprüchlichkeit seiner Epistel verschwendet hätte.
Das gesamte Schreiben atmet den unseligen Limburger Geist des „wir machen mal, ob es legal ist oder nicht, es wird schon keiner merken“, wie man ihn leider von Seiten der Verwaltung nur zu gut kennt.
Unter der Hand und unter dem Tisch wird dem Veranstalter offensichtlich mal wieder ein Freifahrtschein zur gefälligen Selbstbedienung erteilt
Wie sonst soll man diese von jedem Respekt vor dem Gesetz unbeleckte Haltung verstehen, die sich in den Ankündigungen bezüglich EINTRITT sowie ANWOHNERBÄNDCHEN auch in diesem Jahr dokumentiert? 
An keiner Stelle fällt der Begriff "freiwilliger Unkostenbeitrag". Wenn der Limburger Altstadtkreis von den Menschen, die sowieso teils Riesensummen während dieser tollen Tage in Alkohol und Angebratenes kanalisieren, einen Beitrag für die Musik kassieren will, steht es ihm doch frei, seine bewesteten Schirmmützenträger mit derselben rund um die Bühnen sammeln zu schicken. Dann kann jeder FREIWILLIG etwas geben, der sich von der Beschallung mehr unterhalten als von deren (wie man hört) beständig nachlassender Qualität belästigt fühlt.

Es sei an dieser Stelle aber noch einmal ganz klar ausgesprochen und betont:

Das Erheben eines Eintrittsgeldes für das Altstadtfest ist ILLEGAL.

Niemand muss für das Betreten der Altstadt irgendetwas bezahlen.
Jeder, der einen anderen zu irgendeinem Zeitpunkt am Betreten der Altstadt hindern will und kein Amtsträger ist, der mit einer Rechtsgrundlage für diesen Eingriff handelt, begeht damit eine Straftat.

Mittwoch, 26. Juni 2013

Die Vorfahrer oder: Täglich am ZOB



Auch für den ÖPNV ist am ZOB von LM die LZA gemäß der StVO verbindlich. Eine Formulierung, die Bürokratenherzen schneller schlagen lässt. Übersetzung: Die allgemeinen Verkehrsregeln gelten auch für Busfahrer an der Eisenbahnstraße. Zumindest theoretisch. Die Praxis dagegen sieht am Knotenpunkt des freudigen Menschentransporterwesens der Stadt an der Lahn leider anders aus. 
Vollkommen anders, wie sich allmorgendlich die anderen Verkehrsteilnehmer überzeugen können. Oder müssen.
Busse und damit deren Fahrer sind in mancherlei Hinsicht im Straßenverkehr privilegiert. So müssen andere Verkehrsteilnehmer ihnen an Bushaltebuchten die Einfahrt ermöglichen. Wenn sie zum Anfahren links blinken. Außerdem ist es zwingend vorgeschrieben, auch wenn es sowohl tiefergelegte, ultracoole  Hip-Hop-Dröhnmobilfahrer als auch Kinder-zur-Schule-bringende SUV-Mamis, die kaum über das Volant schauen können, völlig anders sehen, dass ein Bus an einer Haltestelle nur in SCHRITTGESCHWINDIGKEIT passiert werden darf, sobald dessen Warnblinkanlage eingeschaltet ist.
Suchbild: Wer findet die Ampel?
Ansonsten sind Busse aber Fahrzeuge wie Du und ich und deren Lenker normalsterblich. Das heißt, alle anderen, nicht speziell für ihre Fahrzeuge eingeführten Verkehrsregeln gelten auch für sie. Dies sind jedoch Erkenntnisse, die sich bei der viele Menschen chauffierenden Gemeinde in der Stadt Limburg noch nicht wirklich durchgesetzt haben.
Das beginnt damit, dass man hinter dem großen Steuer der mobilen Glaspaläste ganz offensichtlich den Sinn und Zweck einer Haltelinie nicht kennt. Es sei an dieser Stelle einmal kurz erklärt. Die Haltelinie ist ein breiter, weißer Querstrich vor einer LZA (Lichtzeichenanlage, vulgo „Ampel“), an dem Fahrzeuge stehenbleiben MÜSSEN, sobald ihnen die Durchfahrt via LZA untersagt wird. AN der Linie. Sinnvollerweise nicht 10 Meter davor, nicht darauf und schon gar nicht 5 Meter dahinter.
Auto geht - Bus steht - oder so.
Verkehrsampeln wurden nicht viel später als der motorisierte Verkehr eingeführt, also kann man getrost davon ausgehen, dass heute Verkehrsplaner und sogar Tiefbauer wissen, was sie tun, wenn sie eine LZA einrichten und die entsprechenden Markierungen anbringen. Im Fall des ZOB (Zentraler Omnibus Bahnhof) von Limburg haben sie Haltelinien an der Ampel sowohl für die Straße als auch für die Haltestelle/Busspur an sich gezogen, die für den ÖPNV (Öffentlichen Personennahverkehr) mit gutem Grund ein Stück VOR der Linie für den Normalverkehr. Denn es befindet sich eine LZA rechts an einem Mast und das ist die Einzige, die PKW-Fahrer in der ersten Reihe sehen können. Die andere hängt mindestens 5 Meter direkt über ihnen und ist ohne anatomisch-physikalische Sensationen wie Augen, die durch Fahrzeugdächer schauen können, nicht zu erblicken. Es ist also SINNVOLL, wenn ein Busfahrer seine 15 Tonnen direkt AN der Haltelinie zum Stehen bringt. Und nicht so weit dahinter, dass der gemeine Autofahrer die Ampel eben NICHT mehr sehen kann und deshalb keine Ahnung hat, WANN er losfahren darf. Die Straßenverkehrsordnung sieht nicht vor, dass hinter ihm stehende Fahrzeuglenker ihm mit Hilfe der Warneinrichtung die Fahrtberechtigung mitteilen müssen, weil er in der ersten Reihe nur raten kann.
Dies ist aber leider am ZOB die Regel geworden. Busfahrer parken so idiotisch, dass sie in den meisten Fällen die Ampel rechts verdecken.
Wenn es nun hinter einem hupt und man losfährt, kann es geschehen, dass man urplötzlich eine Vollbremsung hinlegen muss. Nämlich dann, wenn der Busfahrer, der gerade noch alle Informationen über die Farbe der Ampellichter unterdrückt hat, Gas gibt und seinen kantigen Diesel ohne Rücksicht und ohne zu schauen auf die Fahrbahn wuchtet, im blinden Vertrauen darauf, er hätte „Grün“ und Vorfahrt.
Hat er aber beides nicht!
Denn am ZOB von LM gibt es LZA, die speziell für den ÖPNV vorgesehen sind. Die und NUR die sind für die Verkehrsregelung zwischen Busspur und Straße verbindlich und sie stehen in Konkurrenz zu einander! Zu lesen sind diese Zeichen auch für Analphabeten. Querstrich: Stopp. Senkrechter Strich: Fahren! Zeigt die Farbampel für die Straße grün, zeigt sie für die Haltestelle quer. Und bedeutet WARTEN. Es bedeutet nicht: Allen Verkehr auf der Eisenbahnstraße zur Seite drängen und drohen, diesen kurzerhand weg zu rammen!
Bis heute ist es nur dem Reaktionsvermögen der meisten Autofahrer zu verdanken, dass es noch nicht zu massiven Unfällen zwischen Bussen und KFZ oder Radfahrern (die noch beliebtere Opfer der Allebeförderer-Treiber sind) gekommen ist.
Der Unbedarfte stellt sich allerdings die Frage: Haben die Busfahrer keinen Führerschein? Sind nicht die Kenntnisse der Straßenverkehrsordnung für den Erwerb eines solchen obligatorisch? Und warum sieht man nie einen Uniformierten an dieser Stelle, der bei diesen eklatanten Rotlichtverstößen (und um nichts anderes handelt es sich dabei) einmal eingreift?

Dienstag, 25. Juni 2013

Schatten des Terrors - Altstadtfest droht



Nun kommen sie wieder, die lustigen Tage voller Prosecco, kurzer Kleidchen und Tiefbass. Das Altstadtfest steht ins Haus, im wahrsten Sinne des Wortes. In den Orten des Landkreises und darüber hinaus hängen Plakate an den Laternenmasten, als gäbe es einen Termin zur Stimmabgabe. Doch es sind nur die Auswärtigen, die sich entscheiden können. Die Altstädter Limburgs hingegen haben keine Wahl.
Ruhe. Vor dem Ansturm
Es ist der Höhepunkt des alljährlichen Terrors, dem die Bewohner und Besitzer der Altstadthäuser am kommenden Wochenende ausgesetzt sind. Rundum-Beschallung aus monumentalen Lautsprechergebirgen wird wieder einmal die Gläser in den Schränken zum Klirren und die Dielen zum Beben bringen, vom frühen  Vormittag bis zur Geisterstunde, garnierte mit Gesangsdarbietungen, Johlen, hysterischem Kreischen, Gläsersplittern, dem einen oder anderen Freestyle-Kampf in Cagefighter-Manier, oft ausgefochten von den üblichen Verdächtigen, und im Hellen hinausposaunte Informationen über alles, was sich auf den Bühnen tut und was die Menschen drei Straßen weiter nie wissen wollten. Weit nach offiziellem Schluss der Bewirtung und Dröhnung dürfen die Ortsansässigen dann auch noch Reality ohne TV in Form von lautstark und alkoholisiert geführten Beziehungsdebatten, -anbahnungen, -ablehnungen und/oder beendigungen erleben. Bis in die frühen Morgenstunden.
Sie müssten doch stolz sein, auf die lebendige Altstadt, werden die Bewohner im Fall geäußerter Kritik durch die Initiatoren des Treibens zwangsverpflichtet. Und dankbar, dem veranstaltenden Veranstalter für die Veranstaltungen, die der Stadt doch erst so richtig ihr Flair und ihre Bedeutung geben, müssen sie hören und/oder lesen.
Dankbar wofür, könnte man sich da fragen.
Seine Ursprünge hat die Feier, so man Gerüchten glauben darf, in der Idee, ein Fest FÜR die Bewohner der Altstadt zu organisieren. Doch das ist inzwischen so lange her, dass es bereits in Geschichtsbüchern Erwähnung findet. Heute ist das Altstadtfest alles Mögliche, aber keine Veranstaltung FÜR die Altstädter.
Es ist eine hochkommerzielle, gut geschmierte Gelddruckmaschine, die dazu dient, möglichst viele Flüssigkeiten und Nahrungsmittel zum möglichst hohen Preis zu verkaufen. Zu diesem Zweck müssen möglichst viele Menschen innerhalb des begrenzten Zeitraums zu den Ständen gelockt und dazu gebracht werden, dort möglichst lange zu verweilen. Das wird durch lautstarke Darbietungen auf diversen Bühnen erreicht. Die Umsätze, die die Standinhaber und ortsansässigen Wirte verzeichnen, sind gewaltig. Dazu kommen auch jedes Jahr ein paar Saison-Pfandsammler, die sich das Urlaubsgeld (was ihnen gegönnt sei) für die ganze Familie dadurch verschaffen, dass sie zwischen den Bänken nach Pfandgeschirr suchen und die Stehtische der lokalen Selfmade-Men in weit offenen Seidenhemden und deren luftig beschürzter Begleitungen abräumen, um Platz für den Nachschub an Flöten voll perlender Getränke zu schaffen, denn wer sein Glas zurückbringt, hat verloren, der muss ja auf den Euro schauen…
Wirte und Sammler sind diejenigen, die ganz erheblich von der Veranstaltung des drohenden Wochenendes profitieren.
Absolutes Haltverbot. Herrscht dort immer...

Nicht so die Bewohner der Altstadt. Diese habe dafür die Last und die Schäden zu tragen. Für drei Tage wird ein vollständiger Stadtteil in Geiselhaft genommen, ohne dass es dafür seitens des Veranstalters auch nur die Andeutung eines Ausgleichs gäbe oder gar eine Geste der Dankbarkeit.
Das Gegenteil ist der Fall.
Der Radau, der den Aufenthalt in den anliegenden Häusern nahezu unmöglich macht, wurde bereits angesprochen. Doch es kommt ein weiterer, wesentlicher Aspekt hinzu. Wo der Mensch viel in sich hineinschüttet und schaufelt, muss er dies auch wieder loswerden – und je später der Abend, desto unzivilisierter tut er das. Die Limburger Altstadt bietet eine große Zahl von Nischen, Gängen, Ecken und Höfen, von denen die Besucher des Festes regelmäßig und hemmungslos Gebrauch machen. Da wird gegen Mülltonnen gepinkelt und in Ecken gekackt und gekotzt, wie es sich keine Katze trauen würde. Überall finden sich zerbrochene Gläser, Flaschen, Einmalteller und anderes bis hin zu Unterwäsche und benutzten… Latexteilen. Doch für die Beseitigung dieser Hinterlassenschaften fühlt sich der Veranstalter nicht zuständig. Denn es handelt sich ja – nun auf einmal – um Privatgrundstücke, die betroffen sind.
Es sind aber nicht nur die zivilisationfernen Reste der Verdauung und Vermehrung, die mehr als ärgerlich sind. Nach jedem Altstadtfest haben die Bewohner teils erhebliche Schäden an ihrem Eigentum zu beklagen. Scheiben werden eingeschlagen oder eingeworfen, Blumen werden aus den Kästen gerissen und verstreut, Verzierungen an Häusern abgebrochen oder gestohlen.
Noch blühen sie: designierte Opfer
Fragen Betroffene die Profiteure des Treibens nach einem Schadensausgleich, müssen sie erfahren, man sei nicht zuständig für das, was Gäste des Festes persönlich anrichten und man müsse sich an die Randalierer selbst halten. So man sie denn identifizieren kann.
Die Belange der Betroffenen sind den Veranstaltern mehr als gleichgültig. In zivilisierten Regionen versucht man, Menschen einzubinden und positiver zu stimmen, wenn man sie in Anspruch nehmen und belasten/belästigen will. Das wäre zum Beispiel in Limburg möglich, indem man für jeden Anwohner ein Gutscheinheft für Speis und Trank in einer angemessenen Höhe zur Verfügung stellen würde. Auf einen solchen Gedanken kommt man in der Lahn-Metropole aber nicht einmal.
Ganz im Gegenteil. In einer atemberaubenden Dreistigkeit maßt sich ein Verein die Polizeigewalt über den gesamten Stadtteil an – und verlangt von den Bewohnern des Altstadtzoos, dass sie sich für die drei Tage des Wochenendes auch noch mit einem Affenbändchen am Arm MARKIEREN.
Dabei ist die Sachlage genau so bekannt wie eindeutig. Doch geradezu komplizenschaftlich unternehmen der Veranstalter, Stadtverwaltung und Ordnungsbehörde ALLES, eine Verbreitung der Kenntnisse darüber zu verhindern, dass es absolut rechtswidrig ist, irgendjemandem zu irgendeinem Zeitpunkt am Betreten der Altstadt zu hindern. Oder dafür gar einen „Eintritt“ zu verlangen…

(wird fortgesetzt)